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Die Voß-Plastik des Warener Bildhauers Walther Preik (geb. 1932) vor dem Ein-
gang des Voß-Hauses leistet im Zusammenhang der Ausstellung ein Übriges. Sie
ist – je nach Rundgang – Einstimmungs- und Wegweiserfigur. Die der Ausstellung
zugrunde liegende Idee mecklenburgischen Griechentums gewinnt hier sinnlich
Gestalt. Verglichen mit der geistig verfeinerten Schönheit der Voß-Büste in Ot-
terndorf von Frijo Müller-Belecke aus Hemmor (1932-2008), auch diese ist aus
Bronze gegossen, wird man an der Arbeit von Preik einen tendenziell stärkeren
Realismus feststellen können. Preik riss die Oberfläche unter der Augenpartie
durch grobe Pickungen auf, arbeitete Alterungsspuren ein. Dadurch wirkt sein
Voß-Antlitz realistischer und der Übergang zum nicht ausgearbeiteten, d. h. nicht
geglätteten Büstenausschnitt gelungen. Erhielt das Penzliner Voß-Antlitz so eine
stärkere körperliche Präsenz, wirkt es in der Haar- und Ohrenwiedergabe dezent
antik stilisiert. Gesträhntes Schläfenhaar, das in Wellen endend hinter das Ohr
fällt, schneckenförmig gearbeitete Ohren, die vom Ohr bis zum Läppchen rei-
chende feine Rillen aufweisen, machen dies deutlich. Zum Rückgriff Preiks auf
klassische Elemente gehört sicher auch die Augenlosigkeit der Voß-Plastik. Diese
ließe sich im Rahmen deutscher Antikerezeption begreifbar machen. Wir nutzen
eine Figur, die Realismus und Klassik bereits in sich vermittelt. Gerade dies er-
scheint für das Ausstellungsthema „Mecklenburgisches Griechentum“ fruchtbar.
Abbildungsnachweis:
Alle Abbildungen nach Vorlage der Autorin.
Prof. Dr. Andrea Rudolph
Burg Penzlin
Kulturgeschichtliches Museum für Alltagsmagie und
Hexenverfolgungen in Mecklenburg
17217 Penzlin
Warener Chaussee 55a
BR Deutschland
akprudolph@t-online.de