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Kein Deuter Homers aus dem Milieu des Idealismus kam an Achills vielglänzen-

dem Schild vorbei, kein Schullehrbuch am von Voß mustergültig übertragenen

18. Gesang der „Ilias“. Zentraler Punkt des Hofes ist deshalb ein Tisch, der den

Schild des Achilleus liegend wiedergibt. Achills kreisrundes und gegen die Mitte

hin gewölbtes Schild, der Waffe und überaus reich verziertes Kunstwerk zugleich

ist, repräsentiert die Erde mit einer Wölbung als frisch gepflügtes Feld. Auf ihm

ist der gesamte Kosmos, als Erde, Sonne, der sich füllende Mond, Sterne sowie

Himmel und See zu sehen, zudem das Erdenleben in seinen mannigfachen Be-

schäftigungen: Ackerfeld, Ernte, Weinlese, Hirtenereignis, Parteien in einer Ge-

richtsszene, Weideplatz und Tanz. In der homogenen Gesellschaftsstruktur, die

der Schild idealisierend zeigt, wirken Hirten, Acker- und Weinbauern und indi-

rekt genannte Töpfer in selbstverständlicher Gleichberechtigung neben denjeni-

gen, die musische Künste ausüben.

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Weiterhin sind zwei Städte zu erkennen: eine

in friedlichen und eine in kriegerischen Zeiten, dargestellt durch eine Heirat und

eine Belagerung. Diese Darstellungen sind in verschiedenen Kreisen, ausgehend

von der Mitte, angeordnet (Abb.10). Überall hält der gleiche große Rhythmus die

Bewegung zusammen, Statik geht in Bewegung über. Die ganze Handlung steht

unter dem Gesetz der Polarität, die beim Schild „im Bereich der künstlerischen

Wirkung auftritt als Kontrast und Kontrapost“.

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Es fehlen Kaufleute, Ärzte, der Bereich der Wissenschaft. Wolf-Dieter Gudopp von Behm: Solon

von Athen und die Entdeckung des Rechts, Würzburg 2009, S. 286.

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Wolfgang Schadewald: Die griechische Tragödie, hg. von I. Schudoma, Frankfurt a. Main 1991, S. 193.

Abb. 10 – Schild