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und beauftragt übersetzt. Verwiesen wird auf den Lesescreen, wo der Besucher
erfährt, dass Voss in Spuren geht. Homerapotheosen nutzten schon Dichter der
Antike.
Die Hinwendung Homers zu Voß soll zunächst die Blicke des Besuchers einfan-
gen. Weitere Blicke gelten dann Vossens hinwendender Beziehung zu den Texten
Homers.
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Die Farbwerte, die Voß in seiner Homer-Apotheose mitteilt, legen nahe, auf Gipsre-
pliken Homers zu verzichten, die Licht gerade nicht reflektieren und den Eindruck
eines Gipsklassizismus erzeugen. Mit einer bearbeiteten Abbildung, im Hintergrund
ist der Parnass angedeutet, unterbreiten wir dem Durchschnitt der an Homer Inter-
essierten ein Angebot. Zudem tragen wir der Gegebenheit Rechnung, dass eine auf-
wändig hergestellte Homer-Plastik Raum benötigt und wohl auch eine Aufsicht. Wir
entscheiden uns für diese Darstellung, da im bearbeiteten Material der Blindentypus
nach wie vor erkennbar ist, allerdings ohne den ausstellungspädagogischen Nachteil
des monologisch nach innen
gerichteten Blicks.
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Auch
ist im Widerspiel zwischen
Rumpf, Haupt und Gliedma-
ßen der maßvolle klassische
Kontrapost ausgedrückt, der
den statischen Charakter
überlieferter Homer-Bild-
nisse in ein szenisches Ge-
schehen wandelt. Wir nutzen
eine einladende, dialogisch
wirkende Form (Abb. 8).
Gerade für ein durchschnitt-
liches und junges Publikum
erscheint dies wichtig.
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Auch hier ist es erfahrungsgemäß ergiebig, vom Bild auszugehen. Der im Lesen von Voß-Texten
noch unerfahrene Leser wird vomBild auf den Text sehen und das Bild in die Lektüre hineinnehmen.
Wer zuerst den Text liest und dann das Bild betrachtet, wird – idealer Weise – die Textstelle prüfend
noch einmal lesen.
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Ein Lupenpiktogramm bietet parallel zu dieser graphischen Bearbeitung Möglichkeiten zu einem
Eindringen in die Überlieferung der Homer-Bildnisse an. Verwiesen wird dabei auf die großen euro-
päischen Museen. Gezeigt wird ebenda auch ein Homer-Bildnis, das Vossens Ilias-Ausgabe, Altona
1793, zierte. Es kommt der Pariser Homer-Plastik (Louvre), die in unterschiedlichen Kopien existiert,
recht nahe. Ihr Vorzug: Ein Homer-Bildnis, das Voß vermutlich selbst wählte. Homer im Oval wirkt
plastisch, hervortretend. Zum Nachteil gereicht dieser Abbildung ihre Denkmalsockel-Ästhetik. Die-
se wirkt verstaubt. Deshalb nutzen wir dieses Bildnis nicht im Ausstellungszusammenhang.
Abb. 8 – Homer